Zum Hauptinhalt springen

HIER
LEBEN
LIEBEN
BLEIBEN.

Guten Morgen, liebe Sorgen!

Friederike über ungesunden Perfektionismus und seine Folgen.

Wenn Prokrastination zur Belastung wird.

Was dich in diesem Artikel erwartet:
1. Die Erkenntnis, dass Prokastination ernst zu nehmen ist 2. Wie junge Menschen Prokastination bei sich wahrnehmen 3. Was kannst du aktiv tun?

„Ich prokrastiniere immer dann, wenn ich mich einer Aufgabe nicht gewachsen fühle oder die Bearbeitung unangenehm ist. Anfangs merke ich gar nicht, dass ich es aufschiebe und beschäftige mich mit Haushaltsarbeit wie Geschirr abwaschen und Fenster putzen oder sitze einfach da und starre gedankenverloren ins Nichts. Bis mir dann - meist erst nach Stunden - auffällt, dass ich noch nichts geschafft habe. Ab da prokrastiniere ich bewusst, bin mir also komplett im Klaren darüber, dass ich die Arbeit aufschiebe, kann mich aber dennoch einfach nicht durchringen sie zu erledigen. Als würde etwas einen festhalten. Die ersten Versuche doch etwas zu schaffen, enden so gut wie immer mit einem leeren Blick auf den Laptop Bildschirm. Logische Argumente wie "wenn es fertig ist, geht es dir besser" oder "wenn du jetzt ein bisschen was machst ist es später weniger" helfen kein Stück. Nur die von anderen gesetzten Deadlines überzeugen mich genug, um endlich mit der unangenehmen Aufgabe anzufangen. Begleitet wird prokrastinieren immer von Schuldgefühlen, weil man sich dadurch am Ende selbst schadet und man denkt, dass das Problem andere nicht so stark betrifft. (Paul, 24, Wirtschaftsingenieurwesen)

Willkommen im Hamsterrad!

Na, wer hat sich hier gerade wiedererkannt? Ich lasse mal direkt die Hosen runter und gebe zu: Sogar beim Schreiben dieses Artikels habe ich prokrastiniert. Ein Grund mehr, über dieses Thema zu schreiben und zu zeigen: Es geht vielen so! Unsere Leistungsgesellschaft fordert unerbittliche Bereitschaft zum Bearbeiten von Aufgaben, auch im privaten Bereich. Die beste Leistung im Sport, beim Kochen, im Büroalltag oder bei der Kindererziehung. Prokrastination schleicht sich in alle Lebensbereiche und macht es sich dort gerne ordentlich gemütlich. Aber wo kommt Prokrastination eigentlich her?

Kurzer Fakten Check:

Prokrastination folgt auf den starken Willen nach Perfektion und ist den verschiedensten Lebensbereichen wiederzufinden, sehr häufig allerdings im Berufs- und Unialltag. Es geht hauptsächlich um Fehlerfreiheit, auch Perfektionismus genannt. Perfektionismus und das Streben nach Vollkommenheit sind an sich erstmal nichts Schlechtes. Kritisch wird es allerdings, wenn dieses Streben in Unproduktivität endet. Das Motto von Perfektionist:innen lautet in der Regel: „Ich bin nicht gut genug“, „Das muss noch besser werden“, „Ich darf keine Fehler machen oder „Ich bin nie zufrieden“! Wer prokrastiniert hat den Wunsch nach absoluter Kontrolle und will sich vor Kritik schützen. Dabei spielen hohe Ansprüche an sich selbst eine enorme Rolle. Klar möchten Perfektionist:innen immer das Beste geben, allerdings aus den falschen Beweggründen. Oft hat Perfektionismus seinen Ursprung in der Kindheit oder wird sich durch Vergleiche mit anderen angeeignet. Viele haben das Gefühl: Ich bin nur etwas wert, wenn ich perfekt bin. Sie setzen also ihren Selbstwert mit ihren Leistungen gleich. Das endet dann in Frust und was folgt ist Prokrastination, auch „Aufschieberitis“ genannt. Es wird davon ausgegangen, dass etwas nicht nur gut, sondern vollkommen gut und richtig – also perfekt – getan werden kann.

Die Dosis macht das Gift!

Erinnert ihr euch daran, was Betsy im Interview mit Freshpepper gesagt hat? „Du kannst nicht direkt 100% abliefern.“ Perfektionist:innen versuchen aber genau das. Natürlich ist gesunde Motivation – vor allem im Arbeitsalltag – eine gute Voraussetzung für Erfolge. Wer gerade aus dem Studium oder der Ausbildung in einem neuen Job angekommen ist, möchte natürlich Fähigkeiten unter Beweis stellen. Perfektionist:innen feiern ihre Erfolge aber eher selten und fokussieren sich hauptsächlich auf ihre Fehler, die in Relation zu Erfolgen oft klein sind. Es ist nicht schlecht, wenn du dein Bestes gibst, aber es ist schlecht, wenn du dir dabei selbst im Weg stehst und leidest. Die Annahme, dass Vollkommenheit und Perfektionskultur erstrebenswert sind, ist völliger Blödsinn. Woher kommt die menschliche Aversion gegen Fehler? Früher galten Fehler als Produkt von Faulheit und Unachtsamkeit. Heute sieht das aber anders aus. Fehler sind nicht nur annehmbar, sondern notwendig für Lernprozesse und Fortschritt. Tschüss Vertuschungskultur. Halten wir uns lieber an Aristoteles: Man muss zwischen Fehlern und bösen Taten differenzieren. Ein Fehler macht dich nicht automatisch zu einem schlechteren Menschen, schließlich plant man einen Fehler in der Regel nicht absichtlich ein.

Auf Spurensuche…

Ich habe mich auf dem Campus der Hochschule Magdeburg-Stendal umgehört und einmal vier Journalismus-Studentinnen, die sich im Abschlussjahr und kurz vor dem Berufseinstieg befinden gefragt, ob sie Prokrastination eigentlich kennen und wie sich diese bei ihnen äußert. Here we go:

Prokrastinieren bedeutet für mich, dass ich wichtige Aufgaben vor mir herschiebe und stattdessen andere unwichtige Dinge erledige. Dabei habe ich die ganze Zeit ein wahnsinnig schlechtes Gewissen.

Renée, 21

Ich habe kein schlechtes Gewissen dabei. Ich mache ja in der Zeit, in der ich prokrastiniere, Dinge, die sich für mich besser anfühlen. Und unter Zeitdruck kann ich eh besser arbeiten, also schiebe ich so lange auf, bis ich mir selbst den Zeitdruck mache.

Julia, 24

Prokrastination ist für mich die Illusion von Entspannung. Es ist wie ein Ausweg, wenn die Arbeit nicht schaffbar zu sein scheint und für den Moment kann ich dadurch loslassen. Dennoch weiß ich unterbewusst, dass die Arbeit noch getan werden muss. Das löst enormen Stress aus

Lara, 21

Während ich prokrastiniere, schiebe ich Aufgaben vor mir her und lasse mich sehr schnell ablenken. Ich weiß zwar, dass ich diese Aufgaben eigentlich machen müsste und das Aufschieben überhaupt nichts bringt, aber ändern kann ich es währenddessen auch nicht. Ich setze mich dadurch noch mehr unter Druck und häufig gehen schlechte Gedanken mit Prokrastination einher. Dann denke ich mir häufig: „Warum bist du so schwach und schaffst jetzt nicht die kleinste Aufgabe eben zu erledigen

Nele, 21
Teufelskreis sagt hallo!

Ist euch etwas aufgefallen? Hier lassen sich einige Gemeinsamkeiten ganz klar erkennen: Das schlechte Gewissen, der Stress, das Aufschieben und der Anspruch an sich selbst. Betroffene leiden und das, obwohl sie ihre Muster oft bereits erkannt haben. Der Stress bahnt sich dann seinen Weg in die Freizeit und überschattet den gesamten Alltag. Wer immer höhere Erwartungen an sich selbst stellt, kann diese irgendwann nicht mehr erfüllen und wird im Umkehrschluss kontrollsüchtig bei dem Versuch, Fehler zu vermeiden. Ihr könnt euch sicherlich denken, wohin das führt: Man tritt auf der Stelle. Man scheitert an seinem eigenen Verhaltensmuster. Man versagt auf ganzer Linie und gibt sich selbst dafür die Schuld. Ist das richtig?

Kleines Gedankenspiel:

Du bist mit deinen besten Freund:innen unterwegs und erzählst ihnen von deiner Verzweiflung und dass du gescheitert bist, weil du einfach nicht gut genug zu sein scheinst. Würden sie dir wirklich zustimmen und behaupten, du seist einfach nicht gut genug? Würden sie dich für deine vermeintlich unverzeihlichen Fehler kritisieren? Die Antwort steht im Raum wie der rosa Elefant im Porzellanladen. Nein, natürlich würden sie das nicht und das beweist ein weiteres Mal: Du allein stehst dir im Weg und machst dir das Leben schwer. Nicht ohne Grund gibt es das Sprichwort: „Aus Fehlern lernt man!“ Hätte der Schotte Alexander Fleming 1928 seine Bakterienkultur nicht offen in seinem Labor liegen gelassen, hätte er das Antibiotikum Penicillin vermutlich nie entdeckt. Ein Fehler wird zum Triumph.

Wie willst du dazulernen, wenn du immer alles richtig machst? Hast du jemals einen fehlerfreien Menschen getroffen, der die Perfektion in sich verkörpert? Alles Fragen, die sich von selbst beantworten.

Was kannst du aktiv tun?

Wir sagen gemeinsam der Prokrastination den Kampf an! Mache dir bewusst, dass deine Leistung nicht dich als Person ausmacht. Du darfst definitiv Ansprüche an dich selbst haben und die Messlatte hoch ansetzen. Wichtig dabei ist deine Motivation dahinter. Versuche, Lernprozesse zuzulassen, an dir zu wachsen, von anderen zu lernen und Stück für Stück besser zu werden in dem, was du tust. Wir sprechen hier von funktionalem Perfektionismus, also ein Verhaltensmuster, das einen tatsächlichen Nutzen hat. Misserfolge sind nicht nur unumgänglich, sie gehören auch zu deinem Erfolg dazu. Stichwort Erfolg: Sei stolz auf die Dinge, die du erreicht hast, auch wenn du auf dem Weg dorthin Fehler gemacht hast oder Umwege gehen musstest. Der Mensch ist und bleibt immer noch ein Mensch in Unvollkommenheit. Perfektion wäre da doch langweilig, meinst du nicht?

Übrigens: Wusstest du, dass es in Sachsen-Anhalt zahlreiche Arbeitgeber:innen gibt, die dich für deine persönliche und berufliche Entwicklung gerne im Team dabei hätten? Am 18. November bei unserem hierbleiben.-Jobevent findest du viele Jobangebote für deine Karriere im wunderschönen Sachsen-Anhalt. Hier darfst du Fehler machen, Neues lernen und du sein. Kein Schwarz-Weiß-Denken, sondern vielfältige Möglichkeiten, um in deinem Beruf glücklich zu werden.

Schau doch mal vorbei und vielen Dank fürs Lesen!

Zusammenfassung
  • Perfektionismus ist eine Folge von Prokrastination.
  • Niemand ist perfekt. Erlaube dir Fehler zu machen, um an dir zu wachsen und lass zu, von anderen zu lernen.
  • Zitat Betsy: Du kannst nicht sofort 100% geben und das musst du auch nicht.
  • Prokrastination verursacht unnötiges Leiden, Stress und Schuldgefühle. Das muss nicht sein.
  • Rufe dir in Erinnerung, wie viele Menschen erfolgreich geworden sind, eben weil sie in ihrer Laufbahn Fehler gemacht werden.
  • Gib dein Bestes und feiere Erfolge – auch die ganz Kleinen.
  • Wir leben in einer Leistungsgesellschaft, aber Leistung definiert nicht deinen Wert.
  • Prokrastination bringt dich nie ans Ziel.
  • Du bist nicht allein! Es geht so vielen Menschen genau wie dir. Tausche dich mit Freund:innen oder Familie aus. Das gibt dir die Möglichkeit, nicht zu hart mit dir zu sein.